Brokeback Mountain
Die traurigste Liebesgeschichte die Hollywood je verfilmt hat - und welche doch ganz ohne Kitsch und unnötiger Tränendrüsedrückerei auskommt.
Informationen zum Film:
Titel: Brokeback Mountain
Regisseur: Ang Lee
Erscheinungsjahr: 2005
Länge: 134 min.
Inhalt
Wyoming, 1963: Ausgerechnet in der konservativen Provinz der sechziger Jahre treffen Rodeoreiter Jack Twist und Rancher Ennis del Mar aufeinander. Das Land ist noch Lichtjahre von der Akzeptanz Homosexueller entfernt, schlimmer, sie werden grässlich ermordet und dafür gesorgt, dass die Kinder der Zeit das Schicksal jener sehen. Schließlich ist die schlimmste Krankheit nicht der Hungertod, sondern Männer, die Männer lieben, und Frauen, die Frauen küssen.Die beiden Jungen Männer sind beide auf der Suche nach Arbeit, als sie schließlich einen Job zum Schafe hüten auf dem einsamen Brokeback Mountain annehmen. Beide haben sie keine schöne Kindheit erfahren, und so wird bei der tristen, rauen Arbeit auf dem Brokeback mit Whiskey am wärmenden Lagerfeuer die ein oder andere Geschichte erzählt. Zwar hat Jack seine Eltern behalten, doch in der Essenz ähnelt sich die Kindheit der beiden sehr: aufgewachsen ohne die notwendige Liebe der Eltern und Wertschätzung dieser.
In der Einsamkeit des Gebirges finden Jack und Ennis nicht nur die überlebensnotwendige Arbeit, sondern auch etwas, das die anfängliche Kameradschaft weit in den Schatten stellt: Liebe.
Ihre Begnungen sind nicht etwa zärtlich, sondern rau und teilweise sogar gewaltlätig. Eine starke Darstellung des Zwiespalts, in dem sie sich befinden: Sie wissen, dass sie sich Lieben, und die unbeobachtete Freiheit auf dem Brokeback, fernab der konservativen Gesellschaft der Provinz ermöglicht diese. Doch das Ende des Sommers naht, und mit ihm das mögliche Ausleben ihrer Zuneigung zueinander.
Ein weiterbestehen ihrer Beziehung wäre einem Selbstmord gleichgekommen, und so leben die beiden Cowboys von nun an getrennte Leben, so, wie sich ein konservativer Vater wünscht, mit Frau, Kindern, und allem drum und dran.
Als die beiden sich viele Jahre später wieder sehen, trifft sie eine Erkenntnis mit voller Wucht: Ein normales Leben reicht nicht. Sie brauchen einander, und Jack unternimmt bei den seltenen Treffen in der Einsamkeit, bei denen sie sich erlauben können sie selbst zu sein, immer wieder den Versuch, ein gemeinsames Leben mit Ennis zu beginnen.
Viele Jahrzehnte später unternimmt er einen endgültigen Versuch, und Ennis realisiert, dass es zu spät ist...
Bewertung
(Achtung: Spoileralarm! Ich werde hier sehr viel detaillierte auf die Beziehnungen zwischen den verschieden Personen, verschiedene ausschlaggebende Situationen etc. eingehen, also vllt. lest ihr diesen Abschnitt erst nach dem ihr den Film gesehen habt, meiner Meinung nach ist der Film aber auch nach dem Lesen der Bewertung noch absolut sehenswert)
Der Anfang des Filmes ist nur sehr karg mit Gesprächen bestückt, was meiner Meinung aber einen sehr gelungenen Effekt hat: Man taucht langsam in die Geschichte ein, die erste Begegnung zwischen Jack und Ennis ist dem Zuschauer zum eigenen Interpretieren überlassen. Auch der weitere Verlauf des Filmes ist nicht mit unnötigen Gesprächen überladen, sondern betont die Intensität der Gefühle, die man als Zuschauer erschreckend intensiv miterlebt.
Jack: "Das ist mehr als du in den letzten 2 Wochen gesprochen hast." Ennis: "Verdammt, das ist mehr als ich das ganze vergangene Jahr gesprochen habe". |
Diese prägenden Charaktereigenschaften der beiden ziehen sich wie ein roter Faden durch den Film: So ist es auch Jack, der den erst Schritt auf Ennis zugeht, und Ennis, der sich am Morgen nachdem die beiden miteinander geschlafen haben, ohne ein Wort auf den Weg zur Arbeit macht.
Als Zuschauer wartet man zu Beginn sehnsuchtsvoll auf den ersten Kuss, doch der Film belehrt einen bald einer besseren Tugend: Er überstürzt nichts, und die erste Annährung der beiden ist nicht etwa ein liebevoller Kuss, sondern Sex. Am Tag danach verleugnen die beiden ihr Schwul sein einander, doch sobald die Nacht hereinbricht, sieht sich Ennis mit der Wahrheit konfrontiert. Jack hält ihn, scheint er seine Lieber gegenüber Ennis doch viel besser akzeptieren zu können.
Doch so sehr man Ennis immer wieder wegen seinem harten und eisernen Verhalten gegenüber allen, die ihn lieben (zuerst Jack, dann seine Frau Alma, und später auch seinen Kindern und einer jungen Frau gegenüber) verurteilen möchten, lässt das der Film nicht zu: Seine Angst, mit Jack, der doch immer wieder für die Liebe der beiden kämpft, zusammenzuziehen, wird durch ein schreckliches Kndheitserlebnis begründet: So hat sein Vater einen Schwulen aus seiner ehemaligen Heimatstadt ermordet, und sichergestellt, dass seine beiden Söhne zu sehen bekamen, was ihnen schwanen würde, sollten sie schwul sein.
Ennis scheint der seelisch sehr viel kaputtere zu sein, so ist Jack ein doch sehr viel vorbildlicherer Ehemann, während Ennis keinerlei Rücksicht auf seine Frau und Familie nimmt, seine Leidenschaft für Jack nicht sehr verbirgt, in der wenigen Zeit die er mit Jack verbringen kann, nur an sich und seine Gefühle denkt. Als Zuschauer schafft man es nicht wirklich, ihm dieses Handeln zu verübeln.
Sehr schön wurde in Brokeback Mountain deutlich gemacht, dass es weder gut noch böse gibt. Man kann jeden Charakter nachvollziehen und so auch die ganzen Zwiespälte zu spüren bekommen. Denn auch Alma, Ennis' Frau ist ein sehr herzlicher Mensch, und in dem Moment, als sie Jack und ihren Mann küssen sieht, bricht nicht nur ihr, sondern auch dem Zuschauer das Herz.
Mit den Jahren scheint sich jedes der Probleme nur zu verschlimmern, Jack probiert immer wieder, Ennis einen Weg für ein gemeinsames Leben zu bereiten. Doch Jahrzehnte vergehen, und bei dem letzten Treffen der beiden, muss Jack sich eingestehen, dass es bereits lange zu spät ist. Ein halbes Leben ist vergangen, und sie haben den Zeitpunkt verpasst, auszusteigen. Alles, was ihrer Liebe bleibt, ist der Brokeback Mountain, und ein einziger Ort mit einer gemeinsamen Vergangenheit, das ist zu wenig für die Liebe eines ganzen Lebens.
Jack stirbt mit nur 39 Jahren bei seiner Familie in Texas. Die Öffentlichkeit wird im Glauben gelassen, er hätte einen tödlichen Unfall gehabt, doch es lässt vermuten, dass er von Homophoben ermordet wurde.
In dem Moment, in dem man von Jack's Tod erfährt - Ennis Brief wird zurückgeschickt, ein roter Stempel darauf: Verstorben - hält man das ganze für eine Witz. Man hofft sofort darauf, dass Jack nur einen Ausweg aus seinem Leben mit einer Frau und Familie in Texas gefunden hat. Ennis telefoniert mit Jack's Frau, doch man glaubt es immer noch nicht. Erst als er sich auf den Weg zu seinen Eltern begibt, die ihm die Türenöffnen und dort kein Jack ist, realisiert man dessen Tod.
Jack's Vater wiedersetzt sich dem Wunsch seines Sohnes, die Asche auf dem Brokeback Mountain verstreuen zu lassen, er hielte sich vermutlich nur für etwas Besseres, so der Vater, und verkörpert so noch einmal die schrecklichen Kindheitsverhältnisse - und während Ennis ein letzes Mal Jack's Kinderzimmer begutachtet, um ihm noch einmal nahe zu sein, bemerkt er sein altes Hemd, von dem er gedacht hatte, er hätte es auf dem Brokeback vergessen, zwischen Jack's alten Hemden. Er hatte es als Erinnerung an Ennis mitgenommen.
Von Jack's Vater erfährt er, dass dieser geplant hatte mit einem anderen Mann eine Hütte bei seinen Eltern zu bauen, den Plan, den er immer für Ennis' und sich hatte. Und Ennis erkennt, dass er Jack hätte folgen sollen, als es noch möglich gewesen war, in eine gemeinsame Zukunft. Den ganzen Film hindurch war Jack immer derjenige gewesen, der von ener gemeinsamen Zukunft geträumt hatte - während Ennis sich immer eingeredet hatte, was man nicht ändern könne, damit müsse man eben leben. Doch Jack konnte nach dieser langen Zeit nicht mehr damit leben, seine Liebe nicht ausleben zu können, und so hatte er sich von Ennis abwenden müssen.
Empfehlung
Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht erwartet, dass der Film mich so sehr berühren würde und das auf eine Art und Weise, die einen so schnell nicht merh los lässt. Man muss jedoch auch erwähnen, dass ich nicht damit gerechnet habe, dass der Film so heftig sein würde. Brokeback Mountain ist definitiv einer meiner liebsten Filme, wenn nicht sogar mein liebster, und das aus vielerlei Gründen: Die Geschichte berührt einen nicht nur an der Oberfläche, anders als the fault in our stars oder etwa Titanic (Ich mag Titanic wirklich sehr, und es ist ohne Frage auch ein sehr tragisches Ereignis porträteriert, aber Brokeback Mountain ist einfach ein ganz anderes emotionales Level), und die Charakter sind auf eine sehr ehrliche und menschliche Art und Weise porträtiert, sie sind weder schwarz noch weiß, was den Zuschauer selbst die vielen Zwiespälte dieses Schicksals mitfühlen lässt, was vermutlich auch die Intensität des Films erzeugt.Man muss sich gleichzeitig aber auch bewusst machen, ob man mit derart tragischen Filmen klarkommt, denn ausgelassene Leichtigkeit ist danach sicher nicht mehr drin. Ich persönlich bin jedoch großer Fan von Filmen, die einen nachdenklich stimmen, und bei Brokeback Mountain würde ich vielleicht sogar sagen, dass es ein Film ist, der einen für ein Leben lang prägt.
Brokeback Mountain lehrt einen, die Chance zu nutzen, seine Träume zu Leben, bevor man sein halbes Leben hat verstreichen lassen, und die Chancen bereits lange unerreichbar in der Vergangenheit liegen.
Hintergrundinformation:
- Brokeback Mountain wurde auf Basis des Romans Brokeback Mountain von Annie Proulx adaptiert. (Hier geht's zum Roman).
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Schauspieler Heath Ledger (Ennis del Mar), bekannt auch aus The Dark Knight (2008) und rechts Schauspieler Jake Gylenhall (Jack Twist) |
Zur Musik:
Die Musik, und speziell die Lieder, die im Abspann vorkommen (The Maker Makes - Rufus Winwright und He was a friend of Mine - Ed Madden) sind sehr schön ausgesucht und werden dem Film aufjedenfall gerecht.
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